Förderpreis 2020 Prof. Dr. Wolfgang Sommer und Mitautor:innen

Prämierte Arbeit:
Microstructural White Matter Alterations in Men With Alcohol Use Disorder and Rats with Excessive Alcohol Consumption During Early Abstinence

Hirnschädigungen durch Alkohol schreiten auch nach Entzug fort. Wolfram-Keup-Förderpreis 2020 für wegweisende Arbeit aus der Suchthilfe verliehen

27.5.2020 Der Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e.V. (buss) hat zum sechsten Mal den „Wolfram-Keup-Förderpreis“ für die beste wissenschaftliche oder praxisorientierte Arbeit auf dem Gebiet der Entstehung und Behandlung von Substanzmissbrauch, Substanzabhängig-keit oder Verhaltenssucht vergeben.

Der mit 2.000 Euro dotierte Preis geht an Prof. Dr. Wolfgang Sommer, der mit seinem Team an der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin des Zentralinstituts für seelische Gesundheit in Mannheim (ZI) nachweisen konnte, dass alkoholbedingte Hirnveränderungen nach einem Entzug noch für mindestens sechs Wochen fortschreiten, auch wenn der Betroffene in der Zwischenzeit völlig abstinent war. Bisher ging man davon aus, dass sich alkoholbedingte Schäden schnell zurückbilden, wenn mit dem Trinken aufgehört wird. Von den Schädigungen betroffen ist vor allem die weiße Substanz des Gehirns. Die Befunde wurden an mehr als 90 Patienten der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin am ZI sowie an gesunden Probanden mittels MRT erhoben. Es zeigten sich ausgedehnte mikrostrukturelle Schädigungen, die selbst über einen Zeitraum von sechs Wochen nach der Entgiftung noch fortschreitend waren.

In einem parallel durchgeführten Tierexperiment mit Ratten konnte Alkohol als ursächlicher Faktor der beobachteten Hirnveränderungen festgestellt und andere Einflussfaktoren wie Rauchen, Ernährung, Schweregrad des Entzugs oder weitere Erkrankungen konnten ausgeschlossen werden. Die im Vergleich mit den Probanden kurze und eher gemäßigte Trinkperiode der Tiere deutet darauf hin, dass permanente Gehirndefizite nach übermäßigem Alkoholkonsum viel früher auftreten können als derzeit angenommen. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig langfristige Abstinenzperioden sind, um bleibende Schäden zu verhindern.

Die prämierte Arbeit „Microstructural White Matter Alterations in Men With Alcohol Use Disorder and Rats with Excessive Alcohol Consumption During Early Abstinence“ ist in JAMA Psychiatry erschienen und steht dort zum Download zur Verfügung: JAMA Psychiatry. 2019; 76(7):749-758. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2019.0318 https://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/2729425

Zur Jury des Wolfram-Keup-Förderpreises 2020 gehörten die buss-Vorstandsmitglieder Dr. Wibke Voigt (Vorsitzende), Dr. Bernd Wessel (stellv. Vorsitzender), Hans-Joachim Abstein und Ulrike Dickenhorst sowie folgende externe Gutachter: 

  • Gallus Bischof, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Lübeck
  • Dr. Johannes Lindenmeyer, ehem. Direktor, salus klinik Lindow
  • Dr. Knut Tielking, Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit, Hochschule Emden/Leer



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